„Die Vorschläge der Europäischen Kommission könnten zu einem fundamentalen Wandel der Eisenbahnlandschaft in Europa führen. Dazu bedarf es aber auch der Kooperationsbereitschaft der Mitgliedstaaten“, fordert der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Claus Weselsky. Breite Unterstützung für das neue, nun mittlerweile vierte Eisenbahnpaket der EU-Kommission sei dringend geboten. „Verkehrskommissar Siim Kallas hat Recht, wenn er jetzt konsequente Entscheidungen für den Schienenverkehr fordert. Ein ‚Weiter so!‘ kann und darf es nicht geben. Die Bahn steht einerseits in direkter Konkurrenz mit anderen Bahnen und andererseits mit anderen Verkehrsträgern und muss daher deutlich wettbewerbsfähigere Rahmenbedingungen erhalten“, so der GDL-Chef am 30. Januar.
In ihrem Vorschlag spricht die EU-Kommission sich für eine strikte Trennung von Netz und Betrieb aus. Nur so könne es einen fairen und diskriminierungsfreien Zugang für alle Wettbewerber geben. „Die Kommission greift damit eine unserer langjährigen Forderungen auf. Netz und Betrieb in einer Hand verhindern wettbewerbsneutrale und damit funktionsfähige Strukturen. Das muss auch die Deutsche Bahn irgendwann einsehen“, so Weselsky. Er lobte den Vorschlag der Kommission, vertikal integrierten Unternehmen – also solche mit Zugriff auf Netz und Betrieb - erst dann den Betrieb in anderen Mitgliedstaaten zu gestatten, wenn sie eine vollständige Trennung beider Sparten innerhalb ihres Unternehmens stichhaltig nachweisen können. „Besser wäre natürlich, Unternehmen müssten sich generell zwischen Netz und Betrieb entscheiden, aber bis dahin könnte der Vorschlag der Kommission ein guter Anreiz für faire Wettbewerbsbedingungen sein.“
Skeptisch zeigte sich der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende bei der optimistischen Einschätzung der Kommission bezüglich automatisch besserer Arbeitsbedingungen durch geöffnete Märkte: „Ich stimme der Kommission zu, dass der europäische Eisenbahnsektor nur durch gut ausgebildete und motivierte Arbeitskräfte eine erfolgsversprechende Zukunft haben kann. Dass aber eine Marktöffnung automatisch zu besseren Arbeitsplätzen führt ist doch eher abwegig.“ Vielmehr sei es wichtig, die Marktöffnung mit entsprechenden regulierten Standards zu begleiten. Nur so könnten gute Arbeitsbedingungen gesichert werden. Sonst drohe viel mehr ein Lohndumping ausschließlich zu Kosten der Arbeitnehmer. „Die Kommission muss sich noch klarer zu einem Gleichklang aus Marktöffnung und angemessenen Arbeitsbedingungen bekennen und darf das nicht bedenkenlos dem Markt überlassen.“