Eine klare Absage an die üblichen Tarifverhandlungsrituale gibt es unmittelbar vor dem Auftakt der Verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen am 21. März 2016 von der dbb jugend. „Der Innenminister wünscht sich schnelle Verhandlungen ohne große Tarif-Show? Kann er haben! Mit einem akzeptablen Angebot in der ersten Runde“, machte die dbb jugend-Vorsitzende Sandra Kothe in Potsdam, wo die Gespräche am Vormittag starten, deutlich.
„Die Azubis sind nicht Spitzenreiter beim Entgelt, der öffentliche Dienst muss aber spitze sein, wenn er genug Nachwuchs für sich begeistern will. Die Bewerberzahlen sind rückläufig, wir können dem aber nur entgegensteuern, wenn wir die Ausbildung attraktiver gestalten. Dass die Azubis bisher Reisekosten zur auswärtigen Berufsschule erst erstattet bekommen, soweit sie sechs Prozent ihres Azubi-Entgelts übersteigen, ist zum Beispiel besonders schäbig. Wenn die Berufsschule für die Kauffrauen und Kaufmänner für Büromanagement, die beim BAMF lernen, zentral in Nürnberg ist, und die Azubis dorthin müssen, dann muss der Arbeitgeber auch die Kosten dafür übernehmen. Solche Eigenbehalte für Azubis finden wir in der freien Wirtschaft nicht“, so Kothe. „Wir haben auch keinen Bock mehr auf Hinhaltetaktiken bei Thema Übernahme. Bisher waren die Arbeitgeber immer nur bereit, die bisherige Befristungsregel zu verlängern, jetzt muss die Befristung weg. Wir brauchen Nachwuchs, und Nachwuchs braucht Perspektive, und die gibt es nur bei unbefristeter Übernahme nach der Ausbildung.“
Wertschätzung ist Gebot der Stunde
dbb jugend-Vize Marco Karbach ergänzt: „Wer leistet denn die Arbeit vor Ort, insbesondere im Bereich Asyl? Wer schiebt den tagtäglich Überstunden, um möglichst zeitnah über Asylanträge zu entscheiden oder um Unterkünfte sicherzustellen? Das sind wir – der öffentliche Dienst! Vor allem die Kolleginnen und Kollegen des BAMF möchte ich exemplarisch nennen. Sie arbeiten an der Grenze der Belastbarkeit. Wertschätzung gegenüber ihnen und allen weiteren Kolleginnen und Kollegen ist in diesen Zeiten das Gebot der Stunde. Mit einem vernünftigen Angebot haben die Arbeitgeber nun die Chance dazu.“
Hintergrund
Am 21. März 2016 starten in Potsdam die Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD), von denen insgesamt knapp zwei Millionen Beschäftigte betroffen sind: 147.335 Arbeitnehmer des Bundes, 1.241.845 Arbeitnehmer der Kommunen, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie 179.595 Beamte und 179.000 Versorgungsempfänger des Bundes, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Die wirkungsgleiche Übertragung betrifft nur die Bundesbeamten, da die Kommunalbeamten nach den jeweiligen Landesgesetzen besoldet/versorgt werden. Weitere Verhandlungstermine in Potsdam sind vereinbart für den 11./12. April 2016 sowie den 27./28. April 2016. Die wichtigsten Forderungen der Gewerkschaften: Lineare Erhöhung der Tabellenentgelte um 6 Prozent; Erhöhung der Auszubildenden-Entgelte um 100 Euro monatlich; Angleichung des Urlaubsanspruchs auf 30 Tage und unbefristete Übernahme für alle Auszubildenden; tariflicher Ausschluss sachgrundloser Befristungen sowie die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf Beamtinnen und Beamte; die Laufzeit des Tarifvertrags soll 12 Monate betragen.