EU-Standards für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege

„Der Pflegenotstand hat eine europäische Dimension“, sagte der Bundesvorsitzende der komba Gewerkschaft Andreas Hemsing am 21. Januar 2019 in Berlin.

„Überall stehen die Beschäftigten vor der Herausforderung des demografischen Wandels, in praktisch allen EU-Staaten fehlen Fachkräfte.“ Die Arbeitskräftemobilität in Europa sei sehr hoch, mit unterschiedlichen Folgen für die Gesundheitssysteme der einzelnen Mitgliedstaaten. Hemsing ist überzeugt: „Neben der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz ein Thema, bei dem Europa im Sinne der Beschäftigten, auch der Patientinnen und Patienten, für Verbesserungen sorgen kann und muss.“

Der komba Bundesvorsitzende betrachtet die Zuwanderung von Pflegekräften grundsätzlich als Chance, solange diese qualifiziert sind. „Die Arbeitgeber verschärfen die Lage in den Krankenhäusern und auch in der häuslichen Pflege aber, wenn sie die Arbeitskosten durch Geringqualifizierte drücken wollen“, so Hemsing. „Wir beobachten eine solche Entwicklung in Krankenhäusern und Altenheimen. Das führt zur chronischen Überlastung der qualifizierten Pflegekräfte und gefährdet auch das Patientenwohl.“ Hemsing warnt zudem vor ungeordneten Strukturen: „Einige EU-Staaten verlieren das Gros ihrer qualifizierten Leute an reichere Mitgliedstaaten. Das führt zu fatalen Engpässen in diesen Ländern.“

Hemsing plädiert für einen europäischen Arbeitsmarkt für Pflegekräfte, der die Versorgungssicherheit in der EU insgesamt beachtet und Anreize für die Zuwanderung qualifizierter Pflegekräfte aus Drittstaaten schafft. „Europa kann zur Stabilität seiner Nachbarschaft beitragen, wenn es dort Berufsschulen fördert, die sowohl heimische Bedarfe abdecken als auch qualifizierte, geregelte Zuwanderung in unsere Mangelberufe ermöglichen.“ Wichtige Voraussetzung sei, dass kein Lohn- und Sozialdumping damit einhergehe. Die Auflösung des Personalmangels allein reiche aber nicht aus. „Die Beschäftigten erwarten völlig zu Recht mehr Anerkennung ihrer schweren und unverzichtbaren Arbeit, auch eine gerechtere Bezahlung.“

Der Arbeitsschutz im Gesundheitswesen ist ein weiteres europäisches Thema. Auf EU-Ebene werden die Mindeststandards für den Arbeitsschutz festgelegt. Hemsing spricht sich für mehr Augenmerk für die besondere Situation im Pflegebereich aus. Immer weniger qualifizierte Kräfte müssten immer mehr Patienten versorgen. „Die Ökonomisierung der Pflege hat die Arbeitsbedingungen teilweise massiv verschlechtert.“ Wer sich aufgrund politischer Fehlsteuerung und vermeintlich ökonomischer Zwänge nicht mehr richtig um pflegebedürftige Menschen kümmern könne, erlebe Frustration, Wut und Verzweiflung. „Die Belastung der Kolleginnen und Kollegen wird immer größer. Die EU ist auch für deren Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig. Es ist Zeit, dass hier mehr passiert“, fordert Hemsing.

 

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