EuGH stärkt den Erhalt von Urlaubsansprüchen beim Übergang in Teilzeit (Brandes-Beschluss)

Am 13. Juni 2013 hat der EuGH in der Rechtssache Brandes (Az. C-415/12) seine Rechtsprechung zum Erhalt von Urlaubsansprüchen bei dem Übergang zur Teilzeitbeschäftigung weiter präzisiert und den Erhalt der Urlaubsansprüche beim Wechsel zu einer niedrigeren Arbeitszeit gestärkt.

Am 22. April 2010 hatte der EuGH in der sog. Tirolentscheidung (C-486/08) über ein Vorabentscheidungsersuchen aus Österreich entschieden, dass der Anspruch auf Jahresurlaub, der während einer Vollzeitbeschäftigung erworben wurde, beim Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung nicht gemindert werden darf, wenn die Inanspruchnahme des Urlaubs vorher nicht möglich war. Der EuGH hat nun mit seinem Beschluss vom 13. Juni 2013 in der Rechtssache Brandes darüber hinaus festgestellt, dass es gegen europarechtliche Bestimmungen verstößt, wenn – wie derzeit nach deutschem Recht – ein aus der Vollzeitbeschäftigung erworbener Urlaubsanspruch bei einer Verminderung der Wochenarbeitstage entsprechend der Teilzeitquote verringert wird. Diese Umrechnung stelle eine unzulässige Verminderung des erworbenen Urlaubsanspruches dar.

Die Klägerin war beim Land Niedersachsen beschäftigt. Nach der Rückkehr aus der Elternzeit verringerte sie ihren Beschäftigungsumfang auf eine Teilzeitbeschäftigung mit nur noch drei statt fünf Wochenarbeitstagen. Der Arbeitgeber hat entsprechend der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 28. April 1998 – 9 AZR 314/97) den bestehenden Urlaubsanspruch auf die neue Arbeitszeit umgerechnet und nur noch einen entsprechend verminderten Urlaub gewährt. Die Klägerin hat sich gegen diese Umrechnung ihres Urlaubsanspruchs gewandt. Im Ausgangsverfahren hat das Arbeitsgericht Nienburg den EuGH um Vorabentscheidung ersucht, die vor dem Hintergrund der Tirolentscheidung das einschlägige Unionsrecht auszulegen ist.

„Der EuGH stärkt durch diese Rechtsprechung die Rechte der Beschäftigten und sorgt dafür, dass bereits angefallener Urlaub in voller Höhe erhalten bleibt, auch wenn eine verringerte Arbeitszeit vereinbart wird. Ich habe bei der bisherigen BAG-Rechtsprechung nie einsehen können, weshalb bereits erdienter Urlaub – beispielsweise im Anschluss an eine Elternzeit – teilweise untergeht, nur weil eine niedrigere Arbeitszeit vereinbart wird. Der neue Beschluss des EuGH ist aus meiner Sicht ein notwendiger und guter Schritt in die richtige Richtung“, kommentiert Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung das Urteil.

Wie das Urteil im deutschen Recht angewendet werden wird, wird der weitere Instanzenzug vor den Arbeitsgerichten im Ausgangsverfahren klären. Da die bisherige Rechtsprechung des BAG die Umrechnung und Verminderung von Urlaubsansprüchen beim Übergang in Teilzeit derzeit noch deckt, rät die dbb bundesfrauenvertretung zunächst Betroffenen wie bisher weiterhin, im Anschluss an die Elternzeit zunächst die bereits bestehenden Urlaubsansprüche in Vollzeit aufzubrauchen und erst dann auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis umzusteigen, um den Verlust von Urlaubstagen durch die Herunterrechnung auf die neue Arbeitszeit zu vermeiden.

Über den weiteren Fortgang des Ausgangsverfahrens werden wir zu gegebener Zeit berichten.

 

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