Heesen zur EU-Schuldenkrise:

Funktionierende öffentliche Dienste überlebensnotwendig

Peter Heesen, dbb Bundesvorsitzender und Präsident der Europäischen Union der Unabhängigen Gewerkschaften CESI zeigt sich überzeugt, dass die Euro-Schuldenkrise überwunden werden kann. Voraussetzung sei ein enges Zusammenstehen der Europäer. Es brauche jetzt Mut, aber auch Weitsicht. Heesen warnt vor übereilten Privatisierungen und Kürzungen in den öffentlichen Diensten der EU-Mitgliedstaaten. „Hier hat es bereits viele, zu viele Opfer gegeben. Gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten sind funktionierende öffentliche Dienste überlebensnotwendig.“

Die wirtschaftlichen Erschütterungen seien bis tief in die europäischen Gesellschaften zu spüren. Die Menschen seien auf die eine oder andere Art direkt von der Krise betroffen, verweist der dbb-Chef auf die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Viele Staaten hätten trotz starker gesellschaftlicher Proteste erhebliche Kürzungen in den Sozialsystemen und im öffentlichen Dienst beschlossen. Besonders beunruhigend sei die schwierige Lage der Jugend in Europa. „Die wirtschaftliche Unsicherheit erreicht mittlerweile auch die Mittelschicht. Viele Menschen verlieren sicher geglaubte Perspektiven und das Vertrauen in die Politik“, beklagt Heesen die aktuelle Situation in vielen Ländern Europas.

„Der Europäische Rat oder eine daraus hervorgehende, wie auch immer geartete Wirtschaftsregierung allein werden die Probleme auch nicht lösen können“, so der dbb-Chef. Heesen setzt in der Krise auf eine größere Rolle des Europäischen Parlaments und eine stärkere Zusammenarbeit Straßburgs mit den nationalen Parlamenten: „Die jetzt anstehenden politischen Entscheidungen sind von großem Gewicht. Sie bedürfen der demokratischen Legitimation.“ Die EU-Parlamentarier, die bei der überwiegenden Zahl der Gesetzgebungsverfahren beteiligt werden müssten, entwickelten ein neues Selbstvertrauen, das sich mehr und mehr in einem starken Willen zur Mitgestaltung und zur öffentlichen Einflussnahme widerspiegle. „Es freut mich, dass die Europaparlamentarier sich ihrer neuen Verantwortung stellen. Europa braucht Öffentlichkeit und ein Parlament, in dem offen und kontrovers diskutiert wird.“

Anders als in der Vergangenheit, als der Nationalstaat immer als letzte Instanz wahrgenommen wurde, erwarte heute eine große Mehrheit von der europäischen Politik, dass Lösungen vorgeschlagen und umgesetzt werden. Europa sei durch die Krise noch enger zusammengerückt, auch wenn die schwierige Suche nach Lösungen den Eindruck des Auseinanderdriftens erzeuge. „Die kommenden Jahre werden zeigen, ob diese neue Wahrnehmung der Europäischen Union sich auch ins Positive wenden lässt und sich durch mehr Teilhabe am politischen Tagesgeschehen zu einer Normalität entwickelt“, so Heesen. Der weitere Verlauf der Krise werde dabei eine entscheidende Rolle spielen.

 

 

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