Heesen: Deutschland muss europäischen Vergleich nicht scheuen

Den Haushaltskurs fortsetzen, bessere Bildung, mehr Effizienz der öffentlichen Ausgaben für Pflege und Gesundheit und vor allem mehr Reformehrgeiz – kurz gefasst sind das die Empfehlungen, die der Europäische Rat Ende Juni für Deutschland formulierte. „Insgesamt steht Deutschland im europäischen Vergleich gut da. Es freut mich, dass die Kommission auch den Beitrag der Arbeitnehmer zu dieser Leistung würdigt“, kommentierte dbb-Chef Peter Heesen die länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission. Nach wie vor müsse aber zum Beispiel mehr für die Bildung getan werden, so wie es auch in den Empfehlungen gefordert wird. „Mehr Investitionen in Bildung sind dringend geboten. Deutschland muss seine Position als Bildungsland ausbauen“, so Heesen.

Ein besonderer Schwerpunkt der Empfehlungen ist die gezielte Förderung von Frauen, älteren Arbeitnehmern, gering qualifizierten Arbeitskräften und Drittstaatsangehörigen. Der Bundesvorsitzende lobt die Zielsetzung, kritisiert aber die vorgeschlagenen Mittel: „Richtig ist, dass wir alle Menschen fördern müssen. Andernfalls wird Deutschland im Rahmen des demographischen Wandels vom Fortschritt abgehängt“, zeigt sich Heesen überzeugt. Dies sei eine Frage von Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich. „Aber die Hoheit über Steuerreformen liegt nach wie vor bei jedem einzelnen Mitgliedstaat und das soll auch so bleiben“, sagte Heesen mit Blick auf die EU-Empfehlung, Deutschland möge das Ehegattensplitting abschaffen.

Kritik übt der Bundesvorsitzende auch an der Empfehlung, Deutschland müsse den mit der ‚Schuldenbremse‘ verknüpften Kontroll- und Sanktionsmechanismus weiter stärken. Der Blickwinkel sei zu einseitig auf strikte Haus-haltsdisziplin gerichtet. „Ein stabiler Haushalt ist ein wichtiges Kriterium. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nötige Investitionen wie zum Beispiel in Bildung und Verwaltung nicht vernachlässigen“, so Heesen. Die angestrebte Haushaltsdisziplin durch die Schuldenbremse dürfe zudem nicht zu einer Schwächung des öffentlichen Diensts führen, in dem seit 1990 bereits ein Drittel aller Stellen eingespart wurde und der mit gerade mal 12 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt im internationalen Vergleich bereits sehr kostengünstig sei. „Der öffentliche Dienst ist eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und darf deshalb nicht geschwächt werden“, so Heesen.

Im Rahmen der Strategie Europa 2020 und des Euro-Plus-Pakts musste jedes Mitglied der Europäischen Union bis April ein nationales Reformprogramm vorlegen, das die Reformbemühungen der jeweiligen Regierungen skizzieren sollte. Auf dem Europäischen Rat Ende Juni beschlossen die Staats- und Regierungschefs nun die länderspezifischen Empfehlungen, die faktisch eine Bewertung durch die EU der nationalen Reformprogramme sind. Trotz der Bezeichnung „Empfehlung“ betrachtet die Europäische Kommission die vorgelegten Bewertungen als verbindlich.

 

 

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