Einkommensrunde Bund und Kommunen

Öffentlicher Dienst: Der Unmut wächst

Weiterhin gibt es in der Einkommensrunde von Bund und Kommunen kein Angebot seitens der Arbeitgeber, daher haben der dbb und seine Mitgliedsgewerkschaften ihre Protestaktionen und Warnstreiks ausgeweitet.

Zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit hat der dbb beamtenbund und tarifunion die immer noch eklatanten Unterschiede für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Ost und West kritisiert. „Wir können uns 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr damit abfinden, dass Beschäftigte im kommunalen öffentlichen Dienst immer noch unterschiedlich lange arbeiten müssen – 40 Wochenstunden im Osten und 39 im Westen“, betonte dbb Fachvorstand Tarifpolitik Volker Geyer am 3. Oktober 2020 bei einer Demonstration an der Oberbaumbrücke in Berlin.

„Die aktuelle Einkommensrunde in Bund und Kommunen ist daher ein guter Anlass, mit dieser Unsitte zu brechen.“ Dazu, so der dbb Tarifchef weiter, gebe es laut einer aktuellen Forsa-Umfrage, die im Auftrag des dbb durchgeführt wurde, auch überwältigenden Rückhalt in der Bevölkerung. Danach finden nicht nur

88 Prozent der Ostdeutschen die Ungleichbehandlung sehr oder ziemlich ungerecht, sondern auch 66 Prozent der Westdeutschen.

Mit einer ungewöhnlichen Aktion unterstrichen die dbb frauen ihre Forderungen für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in den aktuellen Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen. Mit einem Boot kreuzten sie auf der Spree zwischen Ost- und West-Berlin, eine eindeutige Botschaft an die Arbeitgeber: „Wir Frauen im öffentlichen Dienst sind systemrelevant. 4,8 Prozent mehr Lohn sind gerecht!“

In den aktuellen Tarifverhandlungen fordert der dbb beamtenbund und tarifunion auch die Angleichung der Wochenarbeitszeiten für die Beamtinnen und Beamte des Bundes. „Hier stehen wir vor demselben Problem: Wo Tarifbeschäftigte und Beamtinnen und Beamte mit unterschiedlichen Arbeitszeiten in einer Behörde gleichberechtigt arbeiten, wirkt sich das negativ auf das Arbeitsklima aus. Hält die Politik weiterhin daran fest, vertieft sich der Graben zwischen zwei Berufsständen, den es faktisch nicht geben dürfte“, so Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb frauen.

Bundesweit haben am 6. Oktober 2020 in mehreren Städten auch die Beschäftigten aus verschiedenen Bundesverwaltungen bei Protestaktionen eine Angleichung der Arbeitszeit gefordert. „Die Rückführung der im Zuge von Sparmaßnahmen angehobenen Arbeitszeit der Bundesbeamtinnen und -beamten von 41 auf 39 Stunden wird uns seit 2014 versprochen. Wir fordern Minister Seehofer auf, sich in der Bundesregierung dafür stark zu machen, das Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen zurückzugewinnen und nicht endgültig zu verspielen. Das geht nur, wenn das Thema Wochenarbeitszeit endlich in dieser Einkommensrunde abgeräumt wird", sagte dbb vize Friedhelm Schäfer bei einer Kundgebung in Berlin.

In Bonn hat die Vorsitzende der vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftige, Rita Berning, auf die herausragenden Leistungen in den Bundesverwaltungen während der Pandemie hingewiesen: „Die Beschäftigten haben gezeigt, dass sich die Menschen auf einen stabilen, leistungsfähigen öffentlichen Dienst verlassen können. Die Wertschätzung dieser Leistungen drückt sich nicht im Aussitzen früherer Versprechen aus. Die Beibehaltung der Arbeitszeiterhöhung untergräbt das Vertrauen in den Bund als Arbeitgeber“, so Berning.

Auch an mehreren Klinikstandorten in Niedersachsen und Bayern fanden am 6. Oktober 2020 dezentrale Warnstreikaktionen des dbb und seiner Mitgliedsgewerkschaften statt. Gleichzeitig protestierten vor dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin Krankenhausbeschäftigte gegen die Weigerung der Arbeitgeber von Bund und Kommunen, sich auf die berechtigten Forderungen der Gewerkschaften zuzubewegen. Volker Geyer kritisierte bei einer Kundgebung vor dem Gesundheitsministerium Bund und Kommunen gleichermaßen: „So kann man mit den Kolleginnen und Kollegen nicht umgehen. Besonders in den Pflegeberufen und im öffentlichen Gesundheitsdienst wurde in den letzten Monaten Hervorragendes geleistet. Das muss sich auf den Lohnzetteln widerspiegeln. Deshalb fordern wir eine Pflegezulage von monatlich 300 Euro und die nachhaltige Aufwertung der Bezahlung der Beschäftigten im öffentlichen Gesundheitsdienst.“ Die angeblich leeren Kassen der Kommunen dürften und könnten bei diesem Thema kein Hinderungsgrund sein, so Geyer: „Der Bundesgesetzgeber ist am Zug. Er muss die vollständige Refinanzierung der Personalkosten für die Pflege am Bett jetzt abschließend und eindeutig klären, damit das unwürdige Ping-Pong-Spiel zwischen Arbeitgebern und Krankenkassen endlich aufhört.“

Auch Jens Schnepel, Vorsitzender der Gewerkschaft des Gesundheitswesens GeNi, forderte ein Entgegenkommen der Arbeitgeber: „Es geht dabei um mehr als die reine Lohnhöhe. Die Arbeitsbelastung und die Überstundenberge der Kolleginnen und Kollegen wachsen und wachsen. Wir brauchen dringend mehr Personal, zum Beispiel damit die Zumutung der ‚Rückholung aus dem Frei‘ endlich aufhört.“ Auch für die Mitarbeitermotivation und die Nachwuchsgewinnung und -bindung ist ein spürbarer Einkommenszuwachs wichtig. „Wir haben große Probleme in der Personalgewinnung. Das hat natürlich auch mit der Bezahlung zu tun und daran hat Corona nichts geändert.“

Eine Absage erteilte dbb vize Volker Geyer der Blockadehaltung der Arbeitgeberseite. „Gerade die VKA denkt, dass wir aufgrund der erschwerten Bedingungen im Zuge der Corona-Pandemie nicht aktionsfähig sind, um für unsere berechtigten Forderungen zu kämpfen. Dabei haben wir in den vergangenen Wochen mit unseren Aktionen längst das Gegenteil bewiesen.“ Die Beschäftigten in Bund und Kommunen haben laut Geyer mehr Wertschätzung verdient, „die sich nicht nur durch Klatschen bemerkbar machen kann.“

Hintergrund:

Die Gewerkschaften fordern u.a. eine Einkommenserhöhung um 4,8 %, mind. 150 € (Laufzeit 12 Monate), Erhöhung der Ausbildungs- und Praktikumsentgelte um 100 €, Arbeitszeitangleichung Ost an West, Verbesserungen für den Pflegebereich sowie die Reduzierung der 41-Std.-Woche für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte. Vom TVöD sind etwa 2,5 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: Rund 2,3 Millionen Arbeitnehmende des Bundes und der Kommunen sowie weiterer Bereiche, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie rund 225.000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll.

 

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