Zehn Jahre Föderalismusreform(en)

Regelungsvielfalt als Chance für die Gleichstellung im öffentlichen Dienst nutzen

Kann Gleichstellung über föderale Gesetzgebung tatsächlich „besser“ gesteuert werden? Zehn Jahre nach der ersten Föderalismusreform in Deutschland hat die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer in einem politischen Podiumsgespräch mit der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer und der Vorsitzenden des dbb beamtenbund und tarifunion rheinland-pfalz Lilli Lenz in Mainz am 17. September 2016 Bilanz gezogen.

„Bundesweit – von Rheinland-Pfalz über Berlin bis Schleswig-Holstein – bestehen 17 verschiedene Herangehensweisen, wie Gleichberechtigung der Geschlechter weiter vorangebracht werden kann und soll. Diese Regelungsvielfalt führt im öffentlichen Dienst an verschiedenen Stellen zu neuen Ungleichheiten,“ warnte Helene Wildfeuer. Deutlich werde dies etwa bei der systemgerechten Übertragung der sogenannten „Mütterrente“ auf den Beamtenbereich, die bisher nur in Bayern erfolgt sei. Darüber hinaus seien Beurteilungs- und Beförderungspraktiken nach wie vor anfällig für geschlechterbedingte Diskriminierung, die vor allem zu Lasten von in Teilzeit beschäftigten Frauen ginge. „Präsenz wird nach wie vor als Leistungsfaktor gewertet. Damit steht auch das Prinzip der konsequenten Beförderung nach Leistung als Grundstock der Dienstrechtsreform zur Disposition“, betonte Helene Wildfeuer. Sie rief die Dienstherren in Bund und Ländern auf, in den Dialog zu treten und „die föderale Regelungsvielfalt als Chance für die Gleichstellung im öffentlichen Dienst zu nutzen.“

Dass Frauen und Männer gleiche Chancen haben, ist für Lilli Lenz ebenfalls ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel. „Aber ‚Kostenneutralität‘ als Leitprinzip staatlichen Handelns verträgt sich nicht damit. Gleichstellung in der Arbeitswelt gibt es nicht umsonst – auch nicht im öffentlichen Dienst. Das muss beim Zuschnitt der Haushalte von Land und Kommunen unbedingt beachtet werden“, forderte die dbb-Landesvorsitzende. Regelungsvielfalt dürfe nicht zu Regelungslücken führen und damit zu einem Wettbewerb nach unten. „Der demografische Wandel zwingt dazu, dass wir uns mehr und besser gerade auch um qualifizierte Frauen bemühen“, so Lilli Lenz. Die vermehrt zu ermöglichende Inanspruchnahme von Beurlaubung, längerfristiger Teilzeit oder Telearbeit dürfe dabei jedoch nicht zu einer Überbelastung der anderen Kolleginnen und Kollegen führen. Im Interesse der Akzeptanz sei zum Beispiel ein Stellenpuffer erforderlich. Mit Blick auf die „Mütterrente“ forderte Lilli Lenz im Namen des dbb rheinland-pfalz erneut: „Mütter müssen unabhängig vom Beruf und unabhängig vom Geburtsdatum ihrer Kinder eine gleiche Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Altersversorgung erhalten.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer unterstrich: „Rheinland-Pfalz hat die eigene Gesetzgebungskompetenz genutzt, um durch eine Vielzahl von Regelungen eine diskriminierungsfreie Personalpolitik voranzubringen. Die wesentlichen Änderungen zur Erreichung des Ziels sind in der Neufassung des Landesgleichstellungsgesetzes verankert.“

 

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