Urteil

Teilzeit und Erschwerniszulage für Wechseldienst

Die Gewährung einer Erschwerniszulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV begegnet auch im Fall der Teilzeitbeschäftigung keinen unionsrechtlichen Bedenken, weil sie an eine vom Arbeitszeitumfang unabhängige Erschwernis anknüpft (BVerwG, Urteil vom 20.10.2022, Az: 2 C 30.20).

Der Fall

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen der Gewährung einer Erschwerniszulage für den Dienst zu wechselnden Zeiten im Fall einer Teilzeitbeschäftigung.

Der Kläger ist ein Zollhauptsekretär und war von Mitte Mai 2016 bis einschließlich September 2017 zu einem Anteil von knapp 50 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit teilzeitbeschäftigt und im Wechselschichtdienst tätig. Für einige dieser Monate erhielt er eine Erschwerniszulage für den Dienst zu wechselnden Zeiten. Für diejenigen Monate, in denen er nicht mindestens viermal Wechseldienst im Sinne der maßgeblichen Rechtsvorschriften geleistet hatte, lehnte das Hauptzollamt den Antrag auf die Zulagen dagegen ab. Er legte erfolglos Widerspruch ein.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Unionsrechtlich sei es bei teilzeitbeschäftigten Beamten geboten, die Anforderungen für die Annahme eines Dienstes zu wechselnden Zeiten proportional zu ihrem Beschäftigungsumfang zu reduzieren.

Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Eine gegen Unionsrecht verstoßende Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Zwar werde ein teilzeitbeschäftigter Beamter, der an weniger Arbeitstagen als ein vollzeitbeschäftigter Beamter arbeite, im Verhältnis zu seinen Gesamtarbeitstagen wie auch zu seiner Gesamtarbeitszeit häufiger die Anfangsuhrzeiten seiner Dienste wechseln müssen, um in den Genuss der Zulage zu kommen. Das ändere jedoch nichts daran, dass der Verordnungsgeber erst ab einer bestimmten Häufigkeit eines Wechsels der Anfangsuhrzeiten der Dienste eine ausgleichswürdige Belastung gesehen habe, die nicht bei der Bewertung des Amtes berücksichtigt sei. Erst ab einer bestimmten, von der Arbeitszeit unabhängigen und zu ihr nicht ins Verhältnis zu setzenden, Häufigkeit von "ungünstigen" Dienstpaaren liege eine die Zulage rechtfertigende Belastung vor. Der Verordnungsgeber gehe in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass eine geringere Häufigkeit noch nicht schwer belaste und keine besondere Erholung erfordere.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. August 2020 zurückgewiesen.

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angegriffene Urteil verstößt nicht gegen revisibles Recht gemäß § 137 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen des nationalen Rechts für die Gewährung einer Erschwerniszulage ohne Verstoß gegen Bundesrecht verneint. Er ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das Unionsrecht keine Korrektur dieses Ergebnisses erfordert.

Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf eine Erschwerniszulage für den Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen (Erschwerniszulagenverordnung - EZulV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3497), in der im Zeitpunkt der streitigen Dienste des Klägers gültigen Fassung vom 20. August 2013 (BGBl. I S. 3286), liegen nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht vor.

Nach § 17a Satz 1 EZulV erhalten Beamte und Soldaten eine monatliche Zulage, wenn sie zu wechselnden Zeiten zum Dienst herangezogen werden und im Kalendermonat mindestens 5 Stunden Dienst in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr leisten. Diese Mindeststundenzahl für den Nachtdienst verringert sich bei Teilzeitbeschäftigten gemäß § 2a Satz 1 EZulV entsprechend dem Verhältnis zwischen der ermäßigten und der regelmäßigen Arbeitszeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgestellt, dass der Kläger in den noch streitgegenständlichen Monaten Juni, Juli, August, September, November und Dezember 2016 die jeweils entsprechend seiner Teilzeitquote erforderlichen kalendermonatlich mindestens 2,5 Stunden Dienst in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr geleistet hat. Das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Dienstes zu wechselnden Zeiten im Sinne von § 17a Satz 1 Nr. 1 EZulV hat das Berufungsgericht für diesen Zeitraum indes verneint.

Dienst zu wechselnden Zeiten liegt gemäß § 17a Satz 2 EZulV vor, wenn mindestens viermal im Kalendermonat die Differenz zwischen den Anfangsuhrzeiten zweier Dienste mindestens 7 und höchstens 17 Stunden beträgt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat der Kläger in keinem der hier noch streitgegenständlichen Monate die erforderlichen vier Dienstpaare mit der notwendigen Differenz zwischen den Anfangsuhrzeiten zweier Dienste geleistet, sondern in jedem Monat lediglich jeweils zwei Dienstpaare.

Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Anwendungsvorrang des Unionsrechts zu keinem anderen Ergebnis führt. Eine gegen Unionsrecht, namentlich gegen die hier einschlägige Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit - RL 97/81/EG -, verstoßende ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers als teilzeitbeschäftigtem Beamten gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Beamten wird durch § 17a EZulV nicht bewirkt.

Der Anhang der Richtlinie 97/81/EG enthält die von der Union der europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbände, dem Europäischen Gewerkschaftsbund und dem europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit. Aufgrund der Übernahme als Anhang in die Richtlinie stellt diese Vereinbarung einen Bestandteil der Richtlinie dar und nimmt an deren Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten teil. Diese sind verpflichtet, ihr Recht den inhaltlichen Vorgaben der Rahmenvereinbarung anzupassen (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 72.08).

Beamte fallen in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 97/81/EG. Der sachliche Anwendungsbereich ist ebenfalls eröffnet, denn der darin enthaltene Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten ist auch beim Arbeitsentgelt zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2010 - C-395/08).

§ 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG bestimmt, dass Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden dürfen, es sei denn die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.

Daraus folgt, dass eine geringere Arbeitszeit grundsätzlich nur quantitativ, nicht qualitativ anders abgegolten werden darf als Vollzeitarbeit, denn Teilzeitarbeit unterscheidet sich von Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht in qualitativer Hinsicht. Demnach liegt eine gleichheitswidrige Behandlung eines teilzeitbeschäftigten gegenüber einem vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Beamten vor, wenn der teilzeitbeschäftigte Beamte im maßgeblichen Zeitraum relativ stärker belastet oder relativ schlechter bezahlt wird als der vollzeitbeschäftigte Beamte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03). Das kann etwa dann der Fall sein, wenn für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte identische (Höchst-)Belastungsgrenzen festgelegt werden. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage, ob eine gleichheitswidrige Belastung vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Eine gleichheitswidrige Benachteiligung liegt dann nicht vor, wenn Belastungen durch entsprechende Entlastungen ganz oder nahezu vollständig ausgeglichen werden. Ungleich belastend oder diskriminierend kann nur der Teil der dienstlichen Beanspruchung sein, bei dem ein solcher Ausgleich nicht möglich ist. Der Gleichheitssatz erfasst nur den Saldo aus Mehrbelastung und Entlastung (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 2 C 82.08).

Soweit eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten vorliegt, ist ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Nr. 1 des Anhangs zur RL 97/81/EG dann gegeben, wenn die unterschiedliche Behandlung nicht aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist. Darunter sind Gründe zu verstehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Beschäftigungsumfangs zu tun haben und die auch nicht dazu führen, dass tragende Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ausgehöhlt werden. Ob ein derartiger Rechtfertigungsgrund vorliegt, müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten feststellen, weil sie für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständig sind. Eine unmittelbare Ungleichbehandlung scheidet hier aus, denn § 17a Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 EZulV knüpft mit dem Tatbestandsmerkmal des "Dienstes zu wechselnden Zeiten" nicht an die Dauer der Arbeitszeit an. Entscheidend ist vielmehr, dass eine bestimmte Anzahl von Diensten im Kalendermonat in einer bestimmten zeitlichen Abfolge zueinander absolviert wird. Damit ist für die Gewährung der Erschwerniszulage die Lage der Dienste das entscheidende Kriterium, die durch den Schichtplan bestimmt wird. Hingegen kommt es nicht auf die Dauer der Dienste und damit nicht auf die Arbeitszeit an.

Auf den Umfang der Arbeitszeit bezogen bewirkt die Voraussetzung von vier Wechseldienstfällen innerhalb eines Monats aber eine relativ höhere Belastung von Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts kam dem Kläger im hier praktizierten Arbeitszeitmodell überdies in der Regel keine Möglichkeit zu, gleich viele und nur in zeitlichem Umfang reduzierte Schichten zu leisten. Die Regelungsstruktur der Gewährung einer Erschwerniszulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV kann daher eine mittelbare Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten bewirken.

Die danach mögliche mittelbare Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten ist indes aus objektiven Gründen gerechtfertigt, die nicht an den zeitlichen Umfang der Beschäftigung anknüpfen. Sie finden ihre Ursache darin, dass in diesen Fällen auch die tatsächliche Belastung, an die mit der Erschwerniszulage angeknüpft wird, weniger häufiger auftritt.

Mit der Erschwerniszulage nach § 17a EZulV soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Dienstformen mit Auswirkungen auf den Biorhythmus durch häufig wechselnde Arbeitszeiten und einem hohen Anteil von Nachtdienststunden eine besondere Belastung darstellen. Mit dem Wechselerfordernis sollen die besonderen Belastungen durch den Biorhythmuswechsel typisierend abgebildet werden, weshalb ein bestimmter Zeitunterschied bei den Anfangsuhrzeiten verlangt wird.

Der Normgeber geht im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung der Erschwerniszulage davon aus, dass eine den Beamten treffende ausgleichspflichtige Belastung erst bei Erfüllung der in § 17a EZulV (absolut) auf den Kalendermonat und nicht (relativ) auf die Arbeitszeit bezogenen Parameter gegeben ist, denn Bezugspunkt sind die innerhalb eines Kalendermonats geleisteten Wechselschichtdienste mit der in der Vorschrift beschriebenen Abfolge zuzüglich der innerhalb eines Kalendermonats geleisteten Nachtdienststunden. Die Absicht, mit der Erschwerniszulage für den Dienst zu wechselnden Zeiten eine von der jeweiligen individuellen Arbeitszeit losgelöste Erschwernis abzugelten, wird auch dadurch dokumentiert, dass die Zulage nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers gemäß § 2a Satz 2 EZulV nicht entsprechend dem Verhältnis einer etwaigen Teilzeitquote gekürzt wird, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17a EZulV ungekürzt zu zahlen ist.

Das Fazit

Für die Gewährung der Erschwerniszulage nach § 17a EZulV kommt es darauf an, dass eine bestimmte Anzahl von Diensten im Kalendermonat in einer bestimmten zeitlichen Abfolge zueinander absolviert wird. Die Lage der Dienste ist das entscheidende Kriterium, die durch den Schichtplan bestimmt wird. Hingegen kommt es nicht auf die Dauer der Dienste und damit nicht auf die Arbeitszeit an.

Mit der Erschwerniszulage soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Dienstformen mit Auswirkungen auf den Biorhythmus durch häufig wechselnde Arbeitszeiten und einem hohen Anteil von Nachtdienststunden eine besondere Belastung darstellen.

Die Gewährung einer Erschwerniszulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV begegnet auch im Fall der Teilzeitbeschäftigung keinen unionsrechtlichen Bedenken, weil sie an eine vom Arbeitszeitumfang unabhängige Erschwernis anknüpft.

Vorgehend:

VG Freiburg - 07.05.2019 - AZ: 13 K 2060/18

VGH Mannheim - 05.08.2020 - AZ: 4 S 2123/19

 

zurück