Hauptversammlung der dbb bundesseniorenvertretung

Transformationsprozesse zwingen zum Handeln

Die politischen Erwartungen der dbb Senioren an eine neue Bundesregierung und Fragen der Digitalisierung standen im Mittelpunkt der Beratungen der Mitglieder der Hauptversammlung der dbb bundesseniorenvertretung am 6. Oktober 2021 in Berlin.

dbb Senioren-Chef Horst Günther Klitzing kritisierte die untergeordnete Rolle spezifischer seniorenpolitischer Themenfelder in den Wahlprogrammen der großen demokratischen Parteien, was auch mit Blick auf den zu erwartenden Koalitionsvertrag „keine große Euphorie“ aufkommen lasse. Darüber hinaus seien gesellschaftliche Kernthemen wie Rente und Pflege aller erfolgter Reformen zum Trotz bisher nicht konsequent genug zukunftsfähig gemacht worden: „Wenn sich im stationären und ambulanten Bereich in den kommenden Jahren ein Fachkräftemangel von bis zu 100 000 Stellen abzeichnet, es nach wie vor nicht genügend Pflegeplätze gibt und die Eigenanteile in der Pflege immer weiter ansteigen, hat die neue Bundesregierung vor dem Hintergrund des demografische Wandels hier ein Aufgabenfeld mit dringendem Handlungsbedarf vor sich“, so Klitzing.

Auch mit Blick auf die Rente stehe die neue Bundesregierung vor Herausforderungen: „2025 greifen politisch wichtige Haltelinien. Sie besagen, dass der Rentenbeitrag nicht über 20 Prozent und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent liegen darf. Wie das in der Praxis sichergestellt werden soll, ist bislang ebenso unklar wie Detailfragen der Rentenentwicklung Ost offen sind.“ 31 Jahre nach der Wiedervereinigung liege die Rente in den Neuen Bundesländern immer noch bei 95,8 Prozent des Westniveaus. Ein Zustand, der den betroffenen Menschen nicht mehr vermittelbar sei und den die dbb bundesseniorenvertretung nicht akzeptiere.

Der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik des dbb des Friedhelm Schäfer unterstrich in seinem Grußwort an die Vertreterinnen und Vertreter der dbb Senioren, dass die Corona-Pandemie den digitalen Transformationsprozess in allen Lebensbereichen beschleunigt hat. Bei aller Digitalisierungseuphorie dürfe die Gruppe der Seniorinnen und Senioren dabei aber nicht vergessen werden: „Nach dem Digital-Index 2021 der Initiative D21 nutzen nur 52 Prozent der über 70-jährigen das Internet. Wir dürfen nicht zulassen, dass Seniorinnen und Senioren abgehängt werden, dass ihnen der Zugang zu digitalen Angeboten und damit auch zur Teilhabe versperrt wird. Ältere Menschen müssen bei der Digitalisierung stärker berücksichtigt und mitgenommen werden. Eine weitere digitale Spaltung der Generationen kann sich dieses Land nicht erlauben“, so Schäfer. Die Politik sei gefordert, flächendeckend verfügbares schnelles Internet, mehr Bildungsangebote für ältere Generationen und einen Zugang zum Internet in jedem Alten- und Pflegeheim für die Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang begrüßte Schäfer die neue Initiative „DigitalPakt Alter“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der BAGSO. „Das Ziel der Initiative, ältere Menschen bei der digitalen Teilhabe zu unterstützten und auf geeignete Lernangebot aufmerksam zu machen, ist sehr wichtig. Es zeigt auch wieder, dass es gut und richtig ist, dass der dbb seit langem Mitglied in der BAGSO ist und sich die dbb bundesseniorenvertretung dort aktiv einbringt.“

Mit Blick auf die laufende Regierungsbildung nach der Bundestagswahl hob Schäfer hervor, dass Staat und Gesellschaft in einer unruhigen Zeit vor ganz besonderen Herausforderungen stünden, von denen nicht zuletzt die Seniorenpolitik betroffen sei. „Wir haben den Parteispitzen deutlich gemacht, dass wir von einer neuen Bundesregierung die Sicherung des Rentenniveaus über das Jahr 2025 hinaus und damit verbunden eine klare Absage an die Bürgerversicherung erwarten. Wir werden jedem Versuch entgegentreten, Versorgung und Rente, Beihilfe, PKV und gesetzliche Krankenversicherung in einen Topf zu werfen. Wer das bewährte eigenständige und verfassungsrechtlich verankerte Sicherungssystem der Beamten nachhaltig verschlechtern oder gar gänzlich auflösen will, überschreitet eine rote Linie“, so Schäfer. Eine Bürger- oder Einheitsversicherung löse weder die finanziellen oder strukturellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung, noch sorge sie für mehr Gerechtigkeit.

In der Tarifrunde für die Beschäftigten der Länder, die am 9. Oktober 2021 beginnt und von der indirekt auch die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger der Länder betroffen sind, erwartet Schäfer harte Verhandlungen. „Unsere Forderungen haben wir klar formuliert: Die Bezahlung im Landesdienst muss um fünf Prozent steigen – mindestens aber um 150 Euro. Neben unseren konkreten Forderungen erwarten wir eine wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten der Länder.“

Als Gast der Hauptversammlung stellte BAGSO-Geschäftsführer Dr. Guido Klumpp die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vor.

 

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