Diskussion über Flüchtlinge: Von der Registrierung zur Integration

Am 12. Januar 2016 waren die konkreten Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung beim Umgang mit der Flüchtlingssituation das Thema bei der dbb Jahrestagung. Auf dem Podium diskutierten Dr. Eva Lohse, Präsidentin des Deutschen Städtetages, Detlef Scheele, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Peter Friedrich, baden-württembergischer Europa-Minister und der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Moderiert wurde die Runde von Dunja Hayali.

Im Fokus der Debatte standen insbesondere die Kommunen, die durch die Betreuung der Flüchtlinge vor Ort besonders gefordert sind. Lohse warnte, dass die Belastungsgrenze vieler Städte und Gemeinden bereits überschritten sei. Sie betonte in diesem Zusammenhang die Verantwortungsgemeinschaft mit den Ländern und dem Bund, von denen sie ein auch finanziell stärkeres Engagement erwartet. "Wir geben gerade Geld aus, das wir nicht haben", sagte Lohse mit Blick die Kosten etwa durch die Unterbringung.

Video der gesamten Diskussion

Auch Silberbach sieht die Hauptlast bei den Kommunen. "Von den 200.000 fehlenden Stellen im öffentlichen Dienst entfallen mindestens 120.000 auf den kommunalen Bereich", so der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende. Für die erforderliche Personalgewinnung sei eine größere Wertschätzung der Beschäftigten erforderlich. Diese gelte für die Bezahlung, "aber auch für die öffentliche Wertschätzung. Wenn sich nach den Vorkommnissen der Silversternacht nun die Politik hinstellt und die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst schelte, dann finde ich das absolut unangebracht. Die Politik hat den Stellenabbau im öffentlichen Dienst über Jahre vorangetrieben und wundert sich nun, dass in diesen Zeiten besonderer Belastung nicht mehr alles reibungslos funktioniert."

Zweifel an der Tauglichkeit der derzeit diskutierten politischen Maßnahmen meldete auch der baden-württembergische Europa-Minister Friedrich an. Als Beispiel nannte er die Diskussion über die Ausweitung der Wohnortauflagen. "Andererseits erwarten wir ja auch Mobilität bei der Integration", so Friedrich. "Generell habe ich die Sorge, dass wir derzeit schneller neue Gesetze produzieren, als die Verwaltung in der Lage ist, diese umzusetzen. So lösen wir keine Missstände - schon gar nicht von heute auf morgen."

Bezüglich der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt betonte Scheele, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) erst nach Abschluss der Asylverfahren tätig werden könne. Daher erwarte er eine stärkere Belastung der BA ab dem zweiten Quartal 2016. Die erfolgreiche Integration sei "ein langer Weg", grundsätzlich sei er aber optimistisch. Zwar fehle etwa 80 Prozent der Flüchtlinge vorerst die formale Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt. Gelinge aber der Dreiklang aus paralleler Kompetenzfeststellung, Spracherwerb und beruflicher Eingliederung, sei zukünftig die Integration von 450.000 zusätzlichen Kräften in den Arbeitsmarkt aus seiner Sicht realistisch.

Willi Russ, Zweiter Vorsitzender des dbb, dankte den Gästen der Tagung für ihr Interesse, den Organisatoren für ihre gute Arbeit und lud für Januar 2017 zur 58. dbb Jahrestagung nach Köln ein.

 

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