Einkommensrunde 2015:

Tausende Länder-Beschäftigte im Warnstreik

Bundesweit haben sich am 11. März 2015 mehrere tausend Beschäftigte der Bundesländer an ganztägigen Warnstreiks beteiligt. In vielen Städten gab es Demonstrationen und zentrale Kundgebungen, so etwa in Stuttgart, Dresden, Kiel, Jena, Magdeburg, Schwerin, Leipzig und Chemnitz. Neben einem Einkommensplus von 5,5 Prozent, mindestens aber 175 Euro mehr, geht es in dem Konflikt mit den Arbeitgebern auch um eine einheitliche Entgeltordnung für Lehrkräfte. Zudem soll das Tarifergebnis auf die Landes- und Kommunalbeamten übertragen werden.

„Wir stehen kurz vor der dritten und entscheidenden Runde der Tarifverhandlungen und haben bisher noch kein Arbeitgeberangebot auf dem Tisch. Jetzt, in Anbetracht der tausenden Beschäftigten, die heute bundesweit auf die Straße gehen, müssen die Arbeitgeber begreifen, dass wir auch Konfrontation können“, sagte dbb Verhandlungsführer Willi Russ in Stuttgart vor 2.500 Demonstranten. „Wir fordern Einkommenssteigerungen, die die Lücke zu den Kolleginnen und Kollegen bei Bund und Kommunen schließen. In den unteren und mittleren Einkommensgruppen brauchen wir eine deutliche soziale Komponente. Nicht zuletzt, um den öffentlichen Dienst für den Nachwuchs attraktiver zu machen.“

Auch drei der Stellvertreter von Willi Russ als Vorsitzendem der dbb Bundestarifkommission bekräftigten die Forderungen. „Gute Arbeit verdient gerechte Entlohnung, die mit der allgemeinen Entwicklung der Einkommen Schritt halten kann“, sagte Karl-Heinz Leverkus in Magdeburg (10.000 Demonstranten). Siegfried Damm machte in Kiel (3.500 Demonstranten) deutlich: „Die Länderhaushalte dürfen nicht auf Kosten der Beschäftigten saniert werden. Wer bei der Landesverwaltung spart, also beispielsweise beim Personal der Schulen und der Polizei, der spart das Land kaputt.“ In Dresden (6.000 Demonstranten), wo besonders viele Lehrkräfte an den Protestaktionen beteiligten, verwies Jens Weichelt auf die Bedeutung der Entgeltordnung für Lehrkräfte: „Mit einer solchen Entgeltordnung wäre die willkürliche und unterschiedliche Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer in den Ländern endlich vom Tisch.“ Die Empörung an den Schulen des Landes sei groß. „Wie andere Landesbeschäftigte empfinden auch die Lehrerinnen und Lehrer die Sturheit der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen in Potsdam als Missachtung ihrer Arbeit.“

Video vom Warnstreik und der Demo in Dresden

Kritisert wurden die Arbeitgeber auch für ihre Forderung nach Einschnitten in der betrieblichen Zusatzversorgung. Das sei nicht hinnehmbar, sagte der stellvertretende Vorsitzende des dbb mecklenburg-vorpommern Michael Blanck in Schwerin (8.000 Demonstranten). „Es ist auch beschämend, dass im 25. Jahr der Deutschen Einheit die Beschäftigen des öffentlichen Dienstes immer noch in Tarifgebiet Ost und West eingeteilt werden“, so Blanck.

Beamtenbesoldung: Landesregierungen in der Pflicht

Der dbb fordert von den Landesregierungen, das Tarifergebnis auf die Besoldung und Versorgung der Landes- und Kommunalbeamten zu übertragen. Insbesondere die Vorsitzenden der dbb Landesbünde machten sich bei den Kundgebungen dafür stark. Anke Schwitzer, die Vorsitzende des dbb schleswig-holstein, erklärte in Kiel: „Die Besoldung verkommt in Deutschland immer mehr zum Flickenteppich: Jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen, vom Bund ganz zu schweigen. Das bedeutet für Schleswig-Holstein: Wenn wir auch in Zukunft die besten Köpfe gewinnen wollen, dürfen wir den Anschluss nicht verlieren, und die Übertragung ist zwingend erforderlich.“

Der Vorsitzende des Sächsischen Beamtenbundes SBB, Gerhard Pöschmann, verwies in Dresden darauf, dass sich viele Beamtinnen und Beamte in ihrer Freizeit an den Protestaktionen beteiligten und so ihre Unterstützung für die gewerkschaftlichen Forderungen zum Ausdruck brachten: „Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir alle gemeinsam hinter diesen Forderungen stehen. Die Einkommensrunde 2015 ist für uns erst abgeschlossen, wenn das Tarifergebnis im Anschluss zeit- und inhaltsgleich auf den Beamtenbereich übertragen wird.“

Volker Stich, der Chef des dbb-Landesbundes BBW, warnte die baden-württembergische Landesregierung davor, die geforderte Übertragung wie in vergangenen Jahren um bis zu zwölf Monate zu verzögern: „Dann wäre die Grenze der Verfassungsmäßigkeit erreicht, wenn nicht gar überschritten. Zeigen wir den Arbeitgebern bei den Tarifverhandlungen, dass wir kämpfen können und zeigen wir dieser Landesregierung, wo ihre Grenzen sind.“

In Jena kritisierte der Vorsitzende des tbb beamtenbund und tarifunion thüringen, Helmut Liebermann, die Landesregierung des Freistaats Thüringen: „Wenn uns die Finanzministerin sagt, dass die bei Erfüllung aller unserer Forderungen notwendigen 160 Millionen Euro nicht zu stemmen seien, können wir nur mit Unverständnis reagieren. Mit welchem Recht die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes überproportional zur Haushaltskonsolidierung beitragen sollen, konnte uns noch niemand erklären.“

Jugend fordert Übernahme

Für den Berufsnachwuchs erläuterte in Stuttgart Anja Richter, Landesjugendleiterin der Deutschen Justizgewerkschaft (DJG), am Beispiel des Landes Baden-Württemberg wie dramatisch die Übernahme-Situation der Auszubildenden ist: „Im Zuge der Notariats- und Grundbuchreform wird es erhebliche Stellenkürzungen geben. Den dringend benötigten Nachwuchs mit bester Qualifikation, aber nur befristeten Verträgen, trifft es dann als ersten – die Zukunft der baden-württembergischen Justiz wird einfach vor die Tür gesetzt."

 

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