Pflegegeld für Angehörige
Anreize erhöhen die Pflegebereitschaft
Ein „Pflegegeld“ als Lohnersatz für Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, findet große Zustimmung in der Bevölkerung. Ähnlich wie Eltern beim Elterngeld würden berufstätige pflegende Angehörige damit einen Anspruch auf ein Pflegegeld erhalten. Das geht aus einer Online-Befragung des Forschungsverbundes „Normen im demographischen Wandel“ hervor, der von der Kölner Ethikerin Professorin Dr. Christiane Woopen geleitet wird.
89 Prozent von etwa 1 700 gesellschaftlichen Stakeholdern in verschiedenen Bereichen mit Bezug zum Gesundheitswesen - das sind Personen oder Gruppen, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses oder Projektes haben - befürworten eine solche Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige.
„Lohnersatzleistungen können gesellschaftliche Wertschätzung ausdrücken und zusammen mit professioneller Unterstützung eine breitere Pflegebereitschaft fördern“, sagt Woopen. Besonders Frauen würden davon profitieren, da sie noch immer den Großteil der Pflege leisteten und dadurch in Einkommen und Rente benachteiligt würden.
Die Förderung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf ist auch für den dbb ein wichtiges Vorhaben. „Der dbb hat dazu bereits im Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf beispielsweise die Forderung nach einer Entgeltersatzleistung für pflegende Angehörige analog zum Elterngeld erhoben“, sagt der Vorsitzende der dbb bundesseniorenvertretung Horst Günther Klitzing. Diese Forderung trage auch einem Beschluss des Bundesseniorenkongresses Rechnung. Darüber hinaus setze sich der dbb für ein flächendeckendes Netz an Pflegeinfrastrukturen ein: „Dazu gehört auch ein zu schaffender Rechtsanspruch auf einen Pflege- oder Betreuungsplatz in der Tages- und Nachtpflege analog zum Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz“, betont Klitzing.
Neben einem „Pflegegeld“ unterstützt eine große Mehrheit der vom Forschungsverbund Befragten die Forderung nach frühzeitiger professioneller Unterstützung von pflegenden Angehörigen in häuslichen Pflegearrangements. Auch der kommunalen Beratung und Unterstützung bei Lebensübergängen sowie bei beginnender Pflegebedürftigkeit finden die Befragten wichtig. Ein Umdenken sei zudem in der gesundheitlichen Prävention notwendig: Diese müsse künftig auch hochaltrige sowie mehrfach und chronisch erkrankte Menschen einbeziehen. Ziel von Prävention ist dann nicht mehr Krankheitsvermeidung, sondern der möglichst lange Erhalt der Selbstständigkeit.
Bei der Befragung handelt es sich um einen Zwischenschritt in einem mehrstufigen Forschungs- und Kollaborationsprozess. Die finalen Projektergebnisse werden voraussichtlich im Januar 2020 präsentiert.