CESI Fachtagung in Kopenhagen: Chancen neuer Arbeitsrhythmen
Die Digitalisierung und Umstrukturierungen verändern die Arbeitswelt und auch den Alltag im öffentlichen Dienst. Vor allem der Arbeitsrhythmus und neue, flexiblere Arbeitszeitmodelle führen zu neuen Herausforderungen insbesondere für die Gesundheit und den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Während einer CESI-Fachtagung in Kopenhagen am 3. Juni diskutierten etwa 120 Gewerkschaftsmitglieder aus ganz Europa mit Expertinnen und Experten der Europäischen Institutionen und Forschungseinrichtungen über die aktuellen Entwicklungen und die Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst.
„Die Umstrukturierungen und die neuen Arbeitsmodelle haben Auswirkungen im Hinblick auf psychosoziale Risiken der Arbeitnehmer. In Zeiten, in denen viele Menschen keine Arbeit haben oder diese verlieren, sind andere, speziell die, die ihre Arbeit behalten haben, einer größeren Arbeitsbelastung und größeren psychosozialen Risiken ausgesetzt“, sagte der Präsident der CESI-Akademie Emilio Fatovic zum Auftakt der Veranstaltung. 22 Prozent der Arbeitnehmer innerhalb der EU seien davon betroffen und der Trend sei steigend. Wenn der Wandel nicht richtig gestaltet werde, könne das negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmer haben. „Krankenstände bedeuten Kosten. Aus diesem Grund ist es wichtig, künftig in die Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz auf nationaler sowie auf europäischer Ebene zu investieren“, so Fatovic weiter.
Auch die öffentliche Verwaltung müsse sich den Entwicklungen stellen, erklärte der Akademie-Präsident. „Es ist wichtig, die öffentlichen Verwaltungen weiterhin bei Maßnahmen zur Sensibilisierung und Prävention von psychosozialen Risiken zu unterstützen und diese in eine globale Politik der berufsbedingten Risikokontrolle sowie in den sozialen Dialog einzubinden.“ Für die CESI und ihre Mitglieder sei es selbstverständlich, auf dieses Thema aufmerksam zu machen und Maßnahmen auf diesem Gebiet zu unterstützen. Mit der Expertise der Mitglieder könne die CESI wichtige Impulse für eine bessere Bewältigung der Umstrukturierungen geben.
CESI-Generalsekretär Klaus Heeger ergänzte, Arbeitnehmer könnten durchaus von flexibleren Arbeitsmodellen profitieren. Gerade bei der Frage von einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf gebe es einige vielversprechende Modelle. „Leider besteht auch die Gefahr, dass die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben durch die neuen technischen Möglichkeiten verschwimmen. Dann ist mehr Flexibilität plötzlich gleichbedeutend mit ständiger Erreichbarkeit.“ Das führe sehr schnell zu weniger Lebensqualität und habe negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten.
Wichtig sei es, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sich auf die Chancen neuer Arbeitsrhythmen und –formen konzentrierten und etwa über die Instrumente des sozialen Dialogs möglichst negative Auswirkungen verhinderten. „Das Arbeitsleben ist im ständigen Wandel. Und Wandel für sich ist erst einmal neutral. Es liegt an den Sozialpartnern, Erfolgsmodelle zu gestalten. Und das geht nur im Miteinander und setzt ein gutes Verständnis der Bedürfnisse der jeweils anderen Seite voraus. Das geht nicht ohne Dialog“, erläuterte Heeger.
Der bayerische DPolG-Landesvorsitzende und Vize-Präsident des CESI-Berufsrats Sicherheit Hermann Benker verwies auf die besondere Situation im öffentlichen Dienst. „In einigen Berufsbildern ist es besonders schwierig, die Bedürfnisse der Beschäftigten mit den teilweise notwendigen Arbeitsrhythmen wie zum Beispiel Schichtdienst zusammenzubringen. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Wohnraum- und Telearbeit sind allenfalls stark eingeschränkt und selbst gleitende Arbeitszeit ist nur in Ausnahmefällen möglich. Auch das kann das Stresslevel und damit auch die negativen Auswirkungen verstärken. In solchen Situation kann es kein Festhalten am Status Quo geben.“
Eine Möglichkeit zur Besserung sei zum Beispiel die Einrichtung von Lebensarbeitszeitkonten. „In bestimmten Lebensphasen ist Mehrarbeit durchaus mit der Work-Life-Balance vereinbar, in anderen hingegen wäre es sinnvoll, weniger Zeit für die Arbeit aufwenden zu müssen. So zum Beispiel für junge Eltern oder auch für ältere Arbeitnehmer, die einen physisch anstrengenden Beruf ausüben.“ Hier gebe es immer noch zu wenig Flexibilität. „Die unterschiedlichen Bedürfnisse finden noch zu wenig Aufmerksamkeit. Nur wenn wir hier einen Wandel in der Einstellung aller Seiten hinbekommen, eröffnen sich neue Chancen.“