Verband Bildung und Erziehung (VBE)
Digitalpakt 2.0: Bundesbildungsministerium mit Verzögerungstaktik
Nachdem bekannt wurde, dass die Verhandlungen zum Digitalpakt 2.0 auch deshalb stocken, weil das Bundesbildungsministerium eine Fortbildungspflicht für Lehrkräfte im Umfang von 30 Stunden fordert, übte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Gerhard Brand am 28. Oktober 2024 deutliche Kritik.
„Die Verantwortlichkeiten im föderalen System sind klar geregelt. Die Länder sind für die Fortbildung der Lehrkräfte zuständig. Und sie entscheiden sich bis auf wenige Ausnahmen, dies ohne konkrete Vorgaben zu regeln – ein richtiges und wichtiges Zeichen des Zutrauens. Nun die Fortbildungspflicht für Lehrkräfte zu einer Bedingung für den Digitalpakt 2.0 zu machen, ist eine klare Verzögerungstaktik des Bundesbildungsministeriums. Das ist keine Unwissenheit, sondern der traurige Versuch, mit nicht erfüllbaren Bedingungen die Schuld für den ausstehenden Verhandlungserfolg bei den Ländern abzuladen. Leidtragende sind weiterhin die Schulen, welche seit bald einem halben Jahr keine Anträge mehr stellen können und in Unsicherheit gelassen werden. Das ist unverantwortlich.“
Brand führt aus, dass es in den Bundesländern sehr unterschiedlich sei, wie viele Fortbildungen angeboten werden können, wie und ob diese aufeinander aufbauen und wie bewertet werden kann, welchen Wirkungsgrad die einzelne Fortbildung hat. Schon deshalb hält er eine konkrete Vorgabe von 30 Stunden für eine „Scheinlösung“. Um hier Fortschritte zu erreichen und Fortbildungen passgenau für die Bedarfe der Lehrkräfte weiterzuentwickeln, brauche es eine Evaluierung nicht nur über die Fortbildung selbst, sondern auch zum veränderten Lehrverhalten und der Einstellung der Lehrkräfte. Dafür seien die Länder in der Verantwortung.
Statt einer konkret bezifferten Fortbildungspflicht sollten die Ministerien besser dafür sorgen, dass Lehrkräfte ihr Recht auf Fortbildung wahrnehmen können, sagt Brand: „Wir haben Lehrkräftemangel. Jede Lehrkraft, die eine Fortbildung wahrnimmt, fehlt vor der Klasse. Eine Vertretung ist kaum noch möglich. In dieser angespannten Situation braucht es das Vertrauen darin, dass Lehrkräfte sich nach bestem Wissen und Gewissen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten fortbilden. Und zwar für die Herausforderungen, die vor Ort am dringendsten sind.“
Deshalb kritisiert Brand auch, dass jeden Tag neue Forderungen aufkämen, mit denen sich Schule auseinanderzusetzen habe: „Daneben gibt es langfristige Ziele wie Inklusion und Ganztag. Viele verschiedene, gleichwertige Themen gilt es, in Fortbildungen aufzuarbeiten. Die Fokussierung auf Digitalisierung trägt deshalb dem Alltag an Schule nicht Rechnung.“ Es braucht mehr Gestaltungsspielraum, nicht weniger. „Bei anderen Förderprogrammen, wie dem Startchancen-Programm, wird die Autonomie der Schule gestärkt. Warum sollten sich die Beschäftigten nun an anderer Stelle vorschreiben lassen, welche Fortbildungen sie unabhängig von der Situation vor Ort wahrnehmen?“