Beschlüsse des dbb Bundeshauptvorstands:

Für eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik und mehr Rechtssicherheit

Der dbb Bundeshauptvorstand verabschiedete am 12. Juni 2017 eine Entschließung, in der sich der dbb für ein gemeinsames Asyl- und Migrationssystem in der Europäischen Union ausspricht. In der Entschließung heißt es, die Politik stehe in der Verantwortung, alles ihr Mögliche zu tun, „damit sich eine Situation wie im Herbst 2015 nicht wiederholt“.

Der dbb fordert zudem mehr Personal für die mit der Integration befassten öffentlichen Dienste. Der Vorsitzende der Grundsatzkommission für Europa des dbb, der Vorsitzende des Landesbundes Mecklenburg-Vorpommern, Dietmar Knecht, betonte in diesem Zusammenhang die Leistungen der öffentlich Bediensteten in der Flüchtlingskrise.

Der dbb geht davon aus, dass der Migrationsdruck bestehen bleibt. Die Politik müsse der Größe der Herausforderung gerecht werden. „Die EU braucht sowohl reguläre Zugänge für ausgewählte Arbeitsmigranten als auch Kapazitäten, verfolgten und von Krieg und Vertreibung betroffenen Menschen vorübergehend oder erforderlichenfalls auch dauerhaft Schutz zu gewähren“ , heißt es in der Entschließung. Zwischen Arbeitsmigration und Flucht müsse dabei strikt unterschieden werden. Die gemeinsame Asylpolitik der EU müsse solidarisch sein, fordert der dbb. Sie dürfe zu keiner ungleichen Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten führen, weshalb der dbb das bisherige Dublin-System skeptisch sieht. „Der dbb spricht sich für die Verteilung Schutzbedürftiger nach Quoten aus, die sich aus einer Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Faktoren ergeben und somit die Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten abbilden.“

Die Integration der Migranten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der dem öffentlichen Dienst besondere Bedeutung zukomme. Das gelte vor allem für die lokale und die regionale Ebene und für viele Verwaltungsbereiche von den Ausländerbehörden über die Schulen bis zur Polizei. „Der öffentliche Dienst kann auf lokaler und regionaler Ebene auch als Arbeitgeber einen aktiven Beitrag zur Integration leisten.“ Allerdings brauch es für diese Aufgabe auch mehr Personal, eine bessere materielle Ausstattung und geeignete moderne Infrastruktur für alle mit der Erstaufnahme, der Integration und der inneren Sicherheit betrauten öffentlichen Dienste.

Die zuständigen Behörden der EU-Staaten müssten auf europäischer Ebene besser zusammenarbeiten, heißt es in der Entschließung weiter. Im Hinblick auf Erstaufnahme und Integration sollten bewährte Praktiken im Sinne eines kontinuierlichen Optimierungsprozesses ausgetauscht werden. „Die Erfassung der Migrantinnen und Migranten muss so erfolgen, dass die in den EU-Staaten befassten Behörden in Echtzeit Zugang zu den Daten haben.“

Vorsitzende der dbb Grundsatzkommission für Europa, Dietmar Knecht unterstrich, nicht allein die vielen ehrenamtlichen Helfer, auch die Kolleginnen und Kollegen hätten Großartiges in der Flüchtlingskrise geleistet. Sie seien bis an ihre Belastungsgrenzen gegangen, um den ankommenden Menschen Schutz zu geben und die Ausnahmesituation zu bestehen. „Dafür gebührt den Kolleginnen und Kollegen Dank und Anerkennung.“

In der Entschließung wird dafür appelliert, das geltende Recht uneingeschränkt anzuwenden. Ausnahmesituationen dürften nicht zu rechtlosen Zuständen führen. „Europa muss an der Herrschaft des Rechts festhalten.“ Dazu gehöre neben der Rechtsstaatlichkeit im Inneren auch die uneingeschränkte Beachtung und Befolgung internationalen Rechts. „Der dbb fordert die strikte Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention, auch und insbesondere bei der Aushandlung von Abkommen mit sicheren Drittstaaten.“

Für mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in Europa

In einer weiteren europapolitischen Entschließung seines Bundeshauptvorstandes begrüßt und unterstützt der dbb die Bemühungen der Europäischen Kommission, ihre Initiativen für neue Rechtsakte auf wichtige Fragen gemeinsamen europäisches Interesses zu konzentrieren und überflüssige Regelungen abzuschaffen. Gleichzeitig anerkennt der dbb, dass auch die Untätigkeit des europäischen Gesetzgebers zu politischen und gesellschaftlichen Kosten führen kann. Daher gelte es die Balance zu wahren. Der dbb fordert gute Rechtsetzung auf allen Ebenen, auch in Europa.

„Rechtsklarheit ist eine wichtige Voraussetzung für Rechtssicherheit“, heißt es in der Entschließung. Für rechtsklare europäische Regelungen seien sowohl die EU als auch ihre Mitgliedstaaten in der Verantwortung. Das Tätigwerden des europäischen Gesetzgebers müsse auf festen Grundsätzen beruhen. Hierzu zählten neben dem Vorhandensein einer eindeutigen Rechtsgrundlage in den Verträgen insbesondere die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Rechtsetzung müsse einen Mehrwert erzeugen, der Nutzen der jeweiligen Regelung müsse ihre Kosten übersteigen.

Insbesondere mit Blick auf die gesellschaftlichen Spaltungen innerhalb der EU fordert der dbb die Wahrung einer Balance zwischen wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen in der europäischen Rechtsetzung und die strikte Beachtung der Werte und Ziele, wie sie im EU-Vertrag niedergelegt sind. Der dbb erwartet von der Bundesregierung und den anderen EU-Regierungen, dass sie sich vertragstreu verhalten und europäisches Recht innerhalb der vorgesehenen Fristen umsetzen und exakt anwenden. „Erweitern die nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung europäischer Richtlinien deren Vorgaben, sollten sie dies transparent machen und nicht die EU dafür verantwortlich halten.“

Besonders kritisch sieht der dbb das beschleunigte Rechtsetzungsverfahren auf europäischer Ebene im sogenannten Trilog – Absprachen zwischen Kommission, Rat und Parlament, die zur Verabschiedung von Rechtsakten nach nur einer einzigen Lesung in Parlament und Rat führen. Dieses Verfahren sei eilbedürftigen Fällen vorzubehalten, dürfe nicht die Regel sein. Es sei intransparent und schwäche die Kontrollfunktion des Parlaments. Der dbb betrachtet es zudem als fehleranfälliger als das vertragsmäßige ordentliche Rechtsetzungsverfahren in drei Lesungen. Gesetzesfolgenabschätzungen auf europäischer Ebene, um Bürokratielasten zu überprüfen, begrüßt der dbb ausdrücklich.

 

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