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Bundesverfassungsgericht

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Sanktionen teilweise verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über Sanktionen bei der Leistungsgewährung der Grundsicherung für Arbeitsuchende entschieden. Eine Kürzung des Regelsatzes um mehr als 30 Prozent ist demnach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der dbb begrüßte das Urteil grundsätzlich.

„Aus unserer Sicht hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung die Balance zwischen Fördern und Fordern wieder hergestellt“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. „Ein grundsätzlicher Verzicht auf Sanktionen hätte ein falsches Signal gesetzt. Klar war jedoch auch, dass eine Kürzung um bis zu 100 Prozent des Regelsatzes und teilweise sogar des Zuschusses zur Krankenversicherung ein Zuviel des Forderns war. Insofern begrüßen wir das Urteil. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Entscheidung der Richterinnen und Richter auf das gesamte System der Arbeitsförderung haben wird.“

Die Bundesregierung sei nun aufgefordert, zügig flexiblere Lösungen zu finden, um die Mitwirkungspflicht, die das BVerfG nicht grundsätzlich in Frage gestellt hat, einzufordern. Bis zum In-Kraft-Treten eines neuen Gesetzes werde es eine Übergangsregelung geben, die individuelle Härtefallprüfungen vorgibt.

Bereits im Zukunftsdialog „Neue Arbeit – Neue Sicherheit“ des Bundesarbeitsministeriums, an dem der dbb im Rahmen von vier Expertenhearings beteiligt war, wurden zahlreiche Vorschläge zur Optimierung des Systems vorgebracht. Der dbb unterstützt beispielsweise die Einräumung einer Karenzzeit beim Übergang vom Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung in die Grundsicherung, in der auf eine Überprüfung der Angemessenheit des Wohnraumes verzichtet werden soll. Auch die Herausnahme der Kosten der Unterkunft und der Krankenkassenzuschüsse von Sanktionen wird vom dbb befürwortet.

Silberbach: „Wir sollten verhindern, dass die Diskussion über die Notwendigkeit von Sanktionen dazu genutzt wird, ein insgesamt erfolgreiches System grundsätzlich in Frage zu stellen. Letztlich werden in nicht einmal fünf Prozent aller Fälle Sanktionen verhängt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Leistungsbezieher aktiv an der eigenen Re-Integration in den Arbeitsmarkt mitarbeitet und dass die Sanktionsentscheidungen nicht, wie häufig suggeriert, Ergebnis von Willkür und Hilflosigkeit der Beschäftigten in den Jobcentern ist. Sie machen einen schwierigen Job und werden häufig an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht. Hier ist es unsere Aufgabe als dbb, uns schützend vor die Beschäftigten zu stellen, denn die nun vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Einzelfallprüfungen bei drohenden Härtefällen sind derzeit natürlich noch nicht mit entsprechendem Personal unterlegt.“

Der dbb sehe in dem Grundsatzurteil die Chance, nicht nur das „Fordern" sondern auch das „Fördern" neu zu regeln. Entsprechend erwarte man mit Spannung das vom Bundesarbeitsminister avisierte „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ und werde sich aktiv in das Gesetzgebungsverfahren einbringen.

 

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