Einkommensrunde
Hessen: Warnstreiks beim öffentlichen Dienst
Nach der ergebnislosen ersten Verhandlungsrunde mit dem Land Hessen haben Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Warnstreiks durchgeführt. In Fulda und Darmstadt gab es Kundgebungen.
Volker Geyer, dbb Tarifchef und Verhandlungsführer, machte auf der Kundgebung in Fulda am 27. Februar 2024 vor 500 Teilnehmenden deutlich: „Die Arbeitgeberseite hat unsere Forderungen leider zurückgewiesen. Wir haben uns deshalb hier in Fulda versammelt, um auf die Lage im öffentlichen Dienst und auf unsere Forderungen aufmerksam zu machen.“ Das Argument der Gegenseite, es sei zu wenig Geld da und die Forderungen seien übertrieben, höre der dbb in jeder Verhandlung. „Aber unsere Forderungen sind angemessen, realistisch und vor allem notwendig“, betonte Geyer. „Die Bezahlung im öffentlichen Dienst muss mit der Inflation mithalten können. Wir sehen die durchschnittliche Inflationsrate von sechs Prozent, aber wir sehen auch die persönliche Inflationsrate der Beschäftigten. Und die liegt weit über dem Durchschnitt.“ Allein die Lebensmittelpreise seien über 20 Prozent gestiegen. Geyer weiter: „Die Entgelte dürfen nicht auf ewig den steigenden Lebenshaltungskosten hinterherrennen. Deshalb fordern wir, dass das Land Hessen die Entgelte um 10,5 Prozent, mindestens aber um 500 Euro erhöht. Zudem fordern wir für Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten eine Entgelterhöhung von 260 Euro.“
Heini Schmitt, Vorsitzender des dbb Hessen, ergänzte: „Das Schlagwort ‚Mithalten‘ gilt auch in anderen Bereichen der Bezahlung: Das Ergebnis des Tarifabschlusses muss zeitgleich und systemkonform auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger übertragen werden. Nur so nähern wir uns der verfassungskonformen Alimentation an.“ ‚Mithalten‘ müsse Hessen auch mit den anderen Bundesländern, erklärte Schmitt. „Hessen darf bei der Bezahlung nicht schlechter dastehen als die anderen Bundesländer. Darüber hinaus muss der öffentliche Dienst mit der Privatwirtschaft mithalten können. Wir dürfen die ohnehin angespannte Personalsituation nicht dadurch verschlechtern, dass wir Fachkräfte an andere Bundesländer oder die Privatwirtschaft verlieren.“ Es gebe noch viele Baustellen, Schmitt hoffe aber auf konstruktive Gespräche in der nächsten Verhandlungsrunde.
„Wir brauchen einen starken öffentlichen Dienst, um Hessen am Laufen zu halten“, bekräftigte Geyer auch bei der Kundgebung in Darmstadt am 29. Februar 2024. „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind jeden Tag im Einsatz und sorgen mit Fachwissen, Tatendrang und Herz für die Sicherheit, Bildung, Erziehung, Straßen, Finanzen, Verwaltung und vieles mehr im Land.“ Das wisse auch die Arbeitgeberseite. „Aber der Landesregierung scheint es nicht bewusst zu sein, dass starke Leistung auch gut bezahlt sein muss. Wir suchen bereits händeringend nach neuen Arbeitskräften. Das Risiko, die Bestandskräfte zu verlieren, können und dürfen wir nicht eingehen. Das Land Hessen darf den öffentlichen Dienst nicht kaputtsparen.“
Heini Schmitt verwies auf die vielfältigen Herausforderungen, mit denen der öffentliche Dienst konfrontiert sei. „Von den Kolleginnen und Kollegen wird immer mehr abverlangt, doch die Bezahlung geht nicht mit. Wir alle wollen mehr Digitalisierung und Bürokratieabbau. Wir alle wollen mehr Leistungen und dass diese möglichst schnell erledigt werden. Dafür brauchen wir aber Menschen, die diese Mehrarbeit machen. Und diese lassen sich nicht mit stagnierender Bezahlung – die von der Inflation direkt aufgefressen wird – motivieren.“
Die Verhandlungen betreffen direkt etwa 45.000 Arbeitnehmende, indirekt knapp 120.000 Beamtinnen und Beamte sowie 95.000 Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, auf die das Tarifergebnis übertragen werden soll. Alle Informationen zur Einkommensrunde gibt es unter dbb.de/einkommensrunde.
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