Referentenentwurf zur COVID-19-Arbeitszeitverordnung
Lockerung des Arbeitsschutzes erfordert Augenmaß
Der dbb fordert, besonnen mit den durch die COVID-19-Arbeitszeitverordnung geplanten Ausnahmemöglichkeiten vom Arbeitszeitgesetz umzugehen.
"Die Beschäftigten, die jetzt schon Erhebliches zur Bewältigung der Pandemie leisten, dürfen nicht ohne absolute Notwendigkeit weiter belastet werden“, sagte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik Volker Geyer am 8. April 2020 in Berlin.
Die geplante COVID-19-Arbeitszeitverordnung sieht wegen der Corona-Pandemie für bestimmte Berufe Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz vor. Wenn es nötig ist, um das Gemeinwesen in bestimmten Bereichen funktionstüchtig zu halten, darf die werktägliche Arbeitszeit für Arbeitnehmer auf zwölf Stunden täglich verlängert und die Ruhezeit auf bis zu neun Stunden verkürzt werden.
Vom Verordnungsentwurf erfasst sind bestimmte Tätigkeiten, die in der Verordnung abschließend aufgezählt sind. Hierzu zählen Tätigkeiten bei Gericht, Behörden, der Energie- und Wasserversorgung, der Not- und Rettungsdienste, der Feuerwehr, medizinische oder pflegerische Tätigkeiten, aber auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit Waren des täglichen Bedarfs. In diesen Berufen darf die Arbeitszeit abweichend von den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes von derzeit acht auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden - gegebenenfalls sogar darüber hinaus, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende, organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann. Die wöchentliche Arbeitszeit darf im Regelfall 60 Stunden nicht überschreiten. Das Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot wird gelockert, um nötigenfalls auch dann zu arbeiten, wenn die Arbeit nicht an Werktagen erledigt werden kann. Ein Ersatzruhetag muss innerhalb von acht Wochen gewährt werden.
„Lange Arbeitszeiten und verkürzte Ruhezeiten gefährden nachweislich die Gesundheit der Beschäftigten", so Geyer- „Deshalb ist es zwingend notwendig abzuwägen, ob eine Abweichung vom Arbeitszeitgesetz zu vertreten ist. Der Arbeitgeber muss seiner Schutzpflicht auch seinen Mitarbeitern gerecht werden."
Hintergrund
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf für eine COVID-19-Arbeitszeitverordnung vorgelegt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat dabei von einer der neuen Rechtsgrundlagen Gebrauch gemacht, die Ende März im Schnelldurchgang vom Parlament beschlossen wurden. In epidemischer Lage von nationaler Tragweite können ohne Zustimmung des Bundesrats für einen befristen Zeitraum Ausnahmen von Arbeitszeitvorschriften per Rechtsverordnung erlassen werden. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeiten, für die die Ausnahmen gelten sollen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sind.
Diese Mehrbelastung der Beschäftigten in systemrelevanten Berufen ist zeitlich begrenzt. Am 31. Juli 2020 tritt die Verordnung außer Kraft. Da die Verordnung neben andere Vorschriften, insbesondere aktuelle Allgemeinverfügungen der Länder tritt, regelt sie auch, dass diese anderen Regelungen in Kraft bleiben, soweit sie längere Arbeitszeiten ermöglichen oder für Tätigkeiten gelten, die im Verordnungsentwurf nicht genannt sind.