75 Jahre Grundgesetz
Silberbach: „Unsere Demokratie ist stark. Für sie kämpfen müssen wir trotzdem.“
Viele Menschen sind hinsichtlich der Erosion demokratischer Normen besorgt. dbb Chef Ulrich Silberbach ruft alle demokratischen Kräfte auf, den Dialog zu suchen und Kompromisse zu finden.
Am 23. Mai 2024 wird das Grundgesetz 75 Jahre alt. Der dbb Bundesvorstand hat auch mit Blick auf dieses Jubiläum das Positionspapier „Demokratie stärken – Zusammenhalt fördern“ beschlossen. Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach erklärte zu den Hintergründen: „Der Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckelt. Populismus und Extremismus sind auf dem Vormarsch, das spüren wir alle jeden Tag. Das gilt nicht nur für die politischen Ränder, sondern für praktisch alle Teile der Gesellschaft. Ob zwischen Regierung und Opposition, Stadt und Land oder Arbeitgebern und Gewerkschaften; ob bei Politikfeldern wie Klimaschutz, Wirtschaft oder Verkehr. Überall gilt: Unterschiedliche Positionen und ein Ringen um die beste Position gab es schon immer. Aber heute werden Konflikte immer unversöhnlicher ausgetragen. Der Kompromiss scheint in Verruf geraten zu sein, auch medial wird fast nur noch nach „Gewinnern“ und „Verlierern“ gefragt. Diese Sicht auf die Welt ist brandgefährlich, denn – wie es in der Politikwissenschaft heißt: Demokratien sterben in der Mitte.“
Ein wesentliches Problem sieht der dbb Chef in der Erosion des Vertrauens in Politik und Verwaltung: „Wenn der Staat und seine Institutionen an Akzeptanz verlieren, ist das Wasser auf die Mühlen von Extremisten.“ Rücksichtslosigkeit und Gewalt würden zunehmen. Beleidigungen und „Hatespeech“ seien längst nicht mehr nur auf den digitalen Raum beschränkt. „Auch körperliche Übergriffe werden mehr – gerade auf Repräsentanten des Staates, darauf weisen wir schon lange hin“, erklärte Silberbach. Dem entgegenzutreten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: „Ich bin fest überzeugt: Unsere Demokratie ist stark. Für sie kämpfen müssen wir trotzdem. Immer wieder aufs Neue. Alle demokratischen Kräfte sind deshalb gut beraten, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen.“
Um die aktuellen Probleme langfristig zu lösen, müsse die öffentliche Daseinsfürsorge wieder verlässlich funktionieren. „Den dbb und seine Mitglieder sehe ich dabei sogar in einer tragenden Rolle. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung und das Bekenntnis zu ihr stellen schließlich die Handlungsgrundlage für unsere gewerkschaftspolitische Arbeit und ebenso für die Arbeit der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes dar“, so Silberbach und machte deutlich: „Gegen schwindendes Vertrauen in den Staat hilft eine konsequente Stärkung des öffentlichen Dienstes. Er ist Garant für rechtsstaatliche und sichere Verhältnisse und in vielfältiger Weise sowohl Dienstleister als auch Multiplikator für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
Das dbb Positionspapier und weitere Hintergrundinformationen gibt es auf www.dbb.de. Zum Thema findet außerdem am 3. Juni 2024 von 15 Uhr bis 16 Uhr ein dbb dialog mit dem Titel „Einigkeit und Recht und Freiheit: 75 Jahre Grundgesetz“ statt. In dem Web-Talk diskutieren Ulrich Silberbach (dbb Bundesvorsitzender), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Bundesministerin a. D.) und Albrecht von Lucke (Jurist, Politikwissenschaftler und politischer Publizist) über die Frage, wie unsere Demokratie, der gesellschaftliche Zusammenhalt sowie die rechtsstaatlichen Institutionen gestärkt werden können und welche Rolle der öffentliche Dienst für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung spielt. Weitere Infos und den Livestream gibt es unter www.dbb.de/veranstaltungen/dbb-dialog.html.